Jan Christian Pflugstedt • 7. Dezember 2020

Der große Regenwald-Hilfe Adventskalender Türchen 7 – Der Bartgeier



Der Bartgeier – ein außergewöhnlicher Greifvogel
Als einzige Geierart hat sich der Bartgeier auf die Verwertung von Knochen verendeter Tiere spezialisiert. Diese spezielle Ernährungsweise erfordert viele Anpassungen und daher unterscheidet sich der Bartgeier in vielen Aspekten von anderen Geierarten.

Ein untypischer Geier mit prächtigem Kopfgefieder
Geier sind Verwerter von Aas und sorgen dafür, dass Kadaver schnell aus der Landschaft verschwinden. Damit tragen sie dazu bei, dass sich Krankheiten weniger ausbreiten können. Als Anpassung an diese Ernährungsweise sind viele Geierarten an Hals und Kopf nur spärlich befiedert. Dies hat den Vorteil, dass die Federn nicht verkleben, wenn die frischen Kadaver noch blutig sind. Beim Bartgeier hingegen ist das Kopfgefieder sehr ausgeprägt, denn seine Nahrung besteht vornehmlich aus Knochen von toten Huftieren. Somit besteht keine Gefahr, dass ihr Kopfgefieder bei der Nahrungsaufnahme schmutzig wird.

Knochenfressen – Tricks und Kniffs der Bartgeier
Knochen sind eine spezielle Nahrungsquelle. Sie enthalten neben Kalk viele nahrhafte Fette und Eiweiße, sind aber auch sehr hart und schwer verdaulich. So gibt es nicht viele Arten, die Knochen effizient verdauen können. Der Bartgeier hingegen erreicht dies mit Hilfe verschiedener Anpassungen. Seine Magensäfte sind extrem sauer, so dass sich der Knochenkalk gut auflöst. Außerdem hat er eine besonders große Schnabelöffnung und seine Luftröhre reicht fast bis zur Schnabelspitze. So kriegt er auch ausreichend Luft, wenn einmal ein Knochen im Rachen feststeckt.
Besonders faszinierend ist sein Umgang mit Knochenstücken, die zu groß zum Schlucken sind. Der Bartgeier fliegt damit zu Geröllhalden, wo er die Knochen immer wieder aus großer Höhe fallen lässt, bis diese in schnabelgerechte Splitter zerspringen. Obwohl dies eine angeborene Fähigkeit ist, muss sie im Verlaufe des Erwachsenwerdens fleißig geübt und verbessert werden.



Wenig Nachkommen – lange Lebensdauer

Bartgeier werden mit 5 bis 7 Jahren geschlechtsreif. Eine erfolgreiche Jungenaufzucht gelingt aber meist erst ab einem Alter von 8 bis 9 Jahren und dies oft nur jedes zweite oder dritte Jahr. Dabei kann ein Brutpaar in einer Brutsaison maximal einen Jungvogel großziehen. Bartgeier pflanzen sich also sehr langsam fort. Damit eine Bartgeierpopulation sich aufbauen und überleben kann, ist es daher sehr wichtig, dass Bartgeier lange leben und sich wiederholt fortpflanzen können. Entsprechend können Bartgeier ein hohes Alter erreichen. In Zoos werden Bartgeier regelmäßig 40 bis 50 Jahre alt, und auch in freier Wildbahn sind über 30-jährige Bartgeier wohl keine Seltenheit. Verschiedene Gefahren, auch durch den Menschen verursachte, können jedoch schnell die Sterblichkeit erhöhen und daher fatale Auswirkungen auf das weitere Überleben der Bartgeier haben. Bartgeier können deshalb nur dort langfristig überleben, wo sie gut geschützt sind.

 

Der Bartgeier kehrt zurück

Der Bartgeier war lange Zeit als gefährlicher Beutegreifer verrufen und wurde intensiv verfolgt, bis er zu Beginn des 20. Jahrhunderts gänzlich aus den Alpen verschwand. Heute ist dieses falsche Bild korrigiert und der imposante Alpenbewohner ist wieder bei uns heimisch. Dies dank einem Wiederansiedlungsprojekt, das 1986 seinen Anfang in Österreich nahm. Obwohl in der Zwischenzeit viel erreicht worden ist, ist die Wiederansiedlung des Bartgeiers noch nicht abgeschlossen.



Kaum verschwunden, schon vermisst

Schon anfangs des 20. Jahrhunderts wurde das Verschwinden der Bartgeier in einigen Kreisen bedauert und es entstanden Diskussionen, ob man diesen eindrücklichen Alpenbewohner im Schweizerischen Nationalpark wieder ansiedeln könnte. Ein erster tatsächlicher Versuch erfolgte jedoch erst Anfang der 70er Jahre durch Paul Geroudet und Gilbert Amigues in den französischen Alpen. Damals wurden Bartgeier freigesetzt, die in Afghanistan eingefangen und nach Europa transportiert worden waren. Hohe Verluste und Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Tiere ließen dieses Vorhaben vorzeitig scheitern.

 

Die Bartgeierzucht als Schlüssel zum Erfolg

Das heute noch laufende Projekt zur Wiederansiedlung des Bartgeiers wurde 1978 in Morges am Genfersee gegründet. Fachleute aus Frankreich, Italien, Österreich, Deutschland und der Schweiz beschlossen damals, dass statt eingefangener Tiere aus noch bestehenden Wildpopulationen junge Bartgeier aus Zoos und Tierparks für die Auswilderung genutzt werden sollen. So konnte verhindert werden, dass bestehende Wildbestände durch Entnahmen geschwächt und gefährdet werden. Zudem wurde erkannt, dass die Auswilderung von ganz jungen Bargeiern aus der Zucht vielversprechender ist, als die Freisetzung eingefangener Wildtiere.



Auswilderungen seit 1986

Die erste Auswilderung fand 1986 im österreichischen Nationalpark Hohe Tauern statt. In den folgenden Jahren wurde das Wiederansiedlungsprojekt nach und nach über den ganzen Alpenraum ausgedehnt. Die erste Auswilderung in Frankreich erfolgte 1987 in Hochsavoyen. Darauf folgte die Schweiz im Jahr 1991 mit einem Auswilderungsstandort im Schweizerischen Nationalpark und ab 1994 wurden Auswilderungen auch in den italienischen und französischen Südalpen durchgeführt. Im Verlauf des Projektes kamen immer wieder neue Regionen dazu. So erfolgten weitere Auswilderungen auch im italienischen Nationalpark Stelvio, in der französischen Region von Vercors, sowie in den Schweizerischen Wildtierschutzgebieten Graue Hörner (Kanton St. Gallen) und Huetstock (Obwalden). Insgesamt wurden bis ins Jahr 2020 229 junge Bartgeier erfolgreich im Alpenraum ausgewildert




Organisatoren der Ausqwilderung, Zoos aus Deutschland, Schweiz und Östereich sowie:



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